Kauf eines VW Passat, 2.0 l TDI, EA 189 EU 5
Ein Verbraucher erwarb im Jahr 2012 für einen Kaufpreis von € 43.600,00 einen Neuwagen VW Passat, 2.0 l TDI, EA 189 EU 5. Im August 2015 erhielt der Autokäufer von der Porsche Austria GmbH & Co OG ein Schreiben, in welchem er erfahren musste, dass das ihm verkaufte Dieselfahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist und „Nacharbeiten“ erforderlich seien.
Urteil des LG Eisenstadt in 1. Instanz
Über die Kanzlei LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, LL.M. brachte der betroffene Kunde Klage beim Landesgericht Eisenstadt ein und begehrte die Aufhebung und Rückabwicklung des mit dem Händler geschlossenen Kaufvertrages. Das Landesgericht Eisenstadt gab dem Kläger mit Urteil vom 5. April 2019 in erster Instanz Recht, hob den Kaufvertrag auf und erkannte den Händler schuldig, dem Kläger den Kaufpreis samt 4 % Zinsen abzüglich eines Benützungsentgelts Zug um Zug gegen Rückgabe des Kfz zurückzuzahlen. Nach Ansicht des LG Eisenstadt stelle die Abschalteinrichtung einen Sachmangel dar, denn ein Käufer dürfe es als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft annehmen, dass das ihm angebotene Fahrzeug nicht mit einer Software ausgestattet ist, von der Manipulationen im Testbetrieb gesteuert werden. Es könne als gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft angesehen werden, dass im Fahrzeug keine Software verbaut ist, die die am Prüfstand zu messenden Werte verzerrt und schönt. Ein Aufspielen des Softwareupdates sei dem Käufer nicht zumutbar, da Verschlechterungen des Fahrzeugs nicht auszuschließen seien, der Inhalt des Softwareupdates in den Details und von den Auswirkungen her unbekannt sei, da diese von VW verschwiegen würden, und das Softwareupdate überhaupt von demselben Unternehmen (VW) entwickelt wurde, das den Kläger vorsätzlich getäuscht habe. Der Kläger könne das Softwareupdate daher berechtigt verweigern und sei entsprechend zur Wandlung berechtigt (GZ 27 Cg 32/17z).
Die beklagte Partei erhob gegen das Urteil Berufung. Auch der Kläger erhob dagegen Berufung, da das Landesgericht Eisenstadt nach seiner Auffassung das Benützungsentgelt zu hoch angesetzt hatte.
Teilurteil des OLG Wien vom 24.7.2019
Abschalteinrichtung als Mangel
Mit Teilurteil vom 24. Juli 2019 (GZ 5 R 78/19f) gab das Oberlandesgericht Wien in zweiter Instanz der Berufung der beklagten Partei nicht, der Berufung des Klägers hingegen schon Folge. Nach Ansicht des OLG Wien sei ein Neufahrzeug nicht schon deshalb mangelfrei, weil es technisch sicher und fahrbereit ist, sowie über alle Genehmigungen verfügt. Vielmehr stelle bereits die
„Notwendigkeit, das betroffene Fahrzeug einem Software-Update zu unterziehen, um die Auflagen des deutschen KBA zu erfüllen und eine drohende Untersagung des weiteren Betriebes zu vermeiden (…) eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Neufahrzeuge dar“.
Darüber hinaus schloss sich der erkennende Senat des OLG Wien ausdrücklich der vom deutschen Bundesgerichtshof (Hinweisbeschluss vom 8.1.2019, VIII. ZR 225/17) vertretenen Rechtsansicht an, wonach ein Fahrzeug nicht frei von Sachmängeln ist, wenn bei Übergabe an den Käufer eine – den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende – Abschalteinrichtung installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr 715/2007 unzulässig ist. Dieser Mangel sei nach Auffassung des OLG Wien auch nicht bloß geringfügig sei.
Softwareupdate zu Recht verweigert
Das OLG Wien bestätigt, dass der Kläger das Softwareupdate zu Recht verweigert hat: Auch Beleidigungen, arglistige Täuschungen und die Erfüllung eines Straftatbestandes gegenüber dem Käufer bei Vertragsabschluss oder anlässlich der Erfüllung können triftige Gründe sein, eine Verbesserung („das Softwareupdate“) zu verweigern. Da sich der Händler für eine allfällige Verbesserung des von VW entwickelten Softwareupdates bedienen müsse, sei ihr diese in diesem Zusammenhang als Erfüllungsgehilfin zuzurechnen. Zu berücksichtigen sei, dass gerade jene Herstellerin, die die Software entwickelte, die eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt und weltweite Rückrufaktionen erforderlich macht, nun auch das Softwareupdate entwickelte. Weiters sei zu bedenken, dass der Kläger sein Vertrauen verloren und der VW-Konzern keine technischen Berichte oder Informationen über den Inhalt des Softwareupdates im Detail herausgeben habe. Entsprechend kommt das OLG Wien zu dem Ergebnis, dass
„dem Kläger unter den gegebene Umständen – unabhängig von einer allfälligen vorsätzlichen Täuschung durch den Hersteller – eine Verbesserung nicht zumutbar“
sei. Aus all diesen Gründen musste der Kläger das Softwareupdate daher nicht durchführen und konnte er dieses berechtigt verweigern. Das Wandlungsbegehren des Klägers war daher berechtigt.
Darauf, ob eine Verbesserung durch das Softwareupdate überhaupt möglich bzw. mit welchen (negativen) Auswirkungen diese allenfalls verbunden ist, komme es laut dem OLG Wien daher gar nicht an.
Das Urteil des OLG Wien ist noch nicht rechtskräftig.
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