Urteil des EuGH im Abgasskandal

Urteil des LG St. Pölten vom 30.10.2019

St. Pölten. Das Landesgericht St. Pölten hat mit Urteil vom 30. Oktober 2019 einem von LEGAL CHAMBERS Kainz (LCK) vertretenen Verbraucher Recht gegeben und den Kaufvertrag über einen im Jahr 2010 gekauften Neuwagen Audi A4, der von Dieselgate betroffen ist, samt Kaufvertrag über zugehörige Winterreifen aufgehoben.

Der Käufer erhält den Kaufpreis abzüglich eines Benützungsentgelts samt 4 % Zinsen seit dem Jahr 2010 retour.

Der Autokäufer hatte sich an LCK gewandt, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sein im Jahr 2010 für EUR 33.400,00 erworbener Audi A4 Avant, 2.0 l TDI vom Abgasskandal betroffen ist und es zudem nach dem Softwareupdate Probleme mit dem Fahrzeug gab.

Nach Softwareupdate: höherer Kraftstoffverbrauch und Probleme mit Start-Stopp-Automatik

LCK brachte für den Verbraucher Klage beim Landesgericht St. Pölten ein – und dieser bekam jetzt in erster Instanz Recht: Das LG St. Pölten sah es als erwiesen an, dass im Verkaufsgespräch unter anderem über die Euro 5-Norm sowie über den Begriff „clean diesel“ gesprochen wurde. Im Zuge des Service am Klagsfahrzeug wurde das Softwareupdate durchgeführt. Nach dem Softwareupdate sei der Verbrauch des Fahrzeuges von 6 Litern auf nunmehr 6,7 Liter gestiegen. Weiters habe der Kläger seit dem Softwareupdate Probleme mit der Start-Stopp-Automatik.

„Vorrichtung, die gesetzlichen Vorgaben nicht entspricht“

Das LG St. Pölten bestätigte, dass der Kläger das Fahrzeug und die dazu passenden Winterreifen nicht gekauft hätte, hätte er gewusst, dass die angegebenen Messwerte nur durch Verwendung einer motorgesteuerten Software zu erreichen sind, welche nachfolgend im Echtbetrieb wieder ausgeschaltet wird.

Nach Auffassung des Gerichtes waren es die allgemeinen Grundsätze des Gewährleistungs- und Irrtumsrechtes, welche der Klage zum Erfolg verhalfen: So sei bei einem Neuwagenkauf Vertragsinhalt auch das, was redliche Vertragsparteien von einem Neuwagen zu erwarten haben. Für das Gericht war nicht nachvollziehbar gewesen, weshalb für die im Prospekt angegebenen „vorgeschriebenen Messverfahren“ anderes gelten sollte. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die verwendete Software als eine Vorrichtung zu qualifizieren ist, welche den gesetzlichen Vorgaben nicht entspricht. Der Vorgang, den die im Klagsfahrzeug verbaute „Umschaltlogik“ ansteurte, ließe – so das Gericht – seitens des Herstellers an irreführende Geschäftspraktiken denken. Es sei selbstverständlich, dass das Klagsfahrzeug die Herstellerwerte auch und gerade im echten Straßenbetrieb einhalten müsse, denn: Der Schutz der Umwelt solle nicht im Labor, sondern draußen in der Umwelt erfolgen. Wenn die eingesetzte Software aber genau das verhindert, widerspreche dies den vorgegebenen gesetzlichen Grundlagen, so das LG.

Gewährleistungsrechtlicher Wandlungsanspruch

Der Kläger könne sich bereits auf die Bestimmungen des Gewährleistungsrechts stützen, weil nicht gesagt werden könne, ob durch die Adaptierung des Fahrzeuges eine nachteilige Veränderung des Motors hervorgerufen wird. Ein Mehrverbrauch stehe fest. Der Kläger habe nicht das bekommen, was Gegenstand des Kaufvertrages war. Der Kläger könne somit gewährleistungsrechtlich einen Wandlungsanspruch geltend machen. Heißt: Er kann sein im Jahr 2010 gekauftes Fahrzeug an die Verkäuferin retournieren und erhält dafür den Kaufpreis abzüglich eines Benützungsentgelts samt Zinsen seit dem Jahr 2010 retour.

Gemeinsamer Irrtum berechtigt ebenso zur Aufhebung und Rückabwicklung des Kaufvertrages

Daneben – so das LG St. Pölten – könne sich der Kläger auch auf eine Irrtumsanfechtung berufen und aufgrund dieser die Aufhebung und Rückabwicklung des Kaufvertrages verlangen, denn: Weder der Kläger noch der Mitarbeiter der Beklagten hätten von der Softwareproblematik gewusst. Daher liege ein gemeinsamer Irrtum vor, der durch den Mitarbeiter der Verkäuferin bereits dadurch veranlasst worden war, da dieser dem Kläger das Prospektmaterial ausgefolgt hat.  

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Stimmen zum Urteil

Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, LL.M., der den Kläger im Verfahren vor dem LG St. Pölten vertreten hat, meint: „Das Urteil ist zu begrüßen, weil das Gericht klarstellt, dass der Autokäufer bereits aufgrund der unrichtigen Abgaswerte im echten Straßenbetrieb zur Aufhebung und Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigt ist. Dies sowohl nach Gewährleistungsrecht aber auch nach Irrtumsrecht, wo die längere 3-jährige Verjährungsfrist gilt.“. „Das LG stellt klar“, so Kainz weiter, „dass es seit dem Update Probleme mit dem Fahrzeug gibt und dass diese Probleme nicht zu Lasten des Käufers gehen dürfen.“

Signalwirkung für Mercedes Rückruf

Das Urteil hat Signalwirkung, auch für die anderen „Abgasfälle“, wie insbesondere den Mercedes Rückruf. Denn auch dort kann sich der Käufer grundsätzlich auf Gewährleistung und Irrtumsrecht stützen. Die Autokäufer müssen aufgrund der kurzen Verjährungsfristen (2 bzw. 3 Jahre) nur schnell sein und sollten daher so rasch wie möglich einen auf den Mercedes Abgasskandal spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen.

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LEGAL CHAMBERS Kainz
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https://legal-chambers.at/mercedesskandal-neue-manipulationssoftware-euro-5-fahrzeug-entdeckt/
https://legal-chambers.at/etappensieg-im-mercedes-abgasskandal-hg-wien-bestatigt-zustandigkeit/
https://legal-chambers.at/legal-chambers-kainz-bringt-erste-klagen-im-mercedes-abgasskandal-ein/
https://legal-chambers.at/abgasskandal-audi-neuer-manipulationsverdacht/

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