HG Wien urteilt erneut gegen VW-Verkäufer
LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, LL.M. hat vor dem Handelsgericht Wien ein weiteres Urteil für eine Autofahrerin, die vom Dieselskandal betroffen ist, erstritten. Die Autokäuferin darf ihren VW Eos zurückgeben und erhält dafür den Kaufpreis samt Zinsen zurück. Sie muss sich allerdings ein Benützungsentgelt anrechnen lassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Parteien haben ein Rechtsmittel erhoben.
Dieselskandal – Abgaswerte im Realbetrieb „um ein Vielfaches höher“
Das HG Wien stellte in seinem Urteil vom 17. Februar 2021 (GZ 40 Cg 29/17s) fest, dass in dem Auto der Klägerin eine Software verwendet worden sei, aufgrund welcher die Abgaswerte im Realbetrieb auf der Straße „um ein Vielfaches höher“ waren als am Prüfstand. Diese Software sei als eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren. Das Fahrzeug habe daher im Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin einen Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts gehabt. Denn, so das HG Wien: Der Käufer eines Fahrzeuges dürfe erwarten, dass dieses frei von solchen technischen Einrichtungen ist, die gesetzlich nicht zulässig sind.
Softwareupdate beseitigt Mangel der „unzulässigen Abschalteinrichtung“ nicht
Auch das Softwareupdate, das die Klägerin aufspielen hatte lassen, habe diesen Mangel nicht beseitigen können. So befinde sich mit einem sog. Thermofenster auch aktuell noch eine unzulässige Abschalteinrichtung in dem Auto. Einen weiteren Verbesserungsversuch lehnte das Gericht ab: Dem beklagten VW-Autohaus sei im Dieselskandal bereits die Möglichkeit einer Verbesserung in Form des Softwareupdates eingeräumt worden. Diese sei nicht erfolgreich gewesen. Die Klägerin könne daher, wie von ihr begehrt, auf Rückabwicklung des Kaufvertrags bestehen. Die Klägerin könne auch auf irrtumsrechtlichen Weg die Aufhebung des Kaufvertrages verlangen, da beide Parteien über die Manipulationsfreiheit bzw. Freiheit des Fahrzeuges von einer unzulässigen Abschalteinrichtung geirrt hätten.
Anrechnung eines Benützungsentgelts
Das Gericht rechnete der Klägerin allerdings ein Benützungsentgelt nach der Formel „Händlereinkaufspreis“, also im Grunde der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem aktuellen Händlereinkaufspreis des Fahrzeugs, an. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin mit der Begründung, dass eine Autokäuferin, die Opfer einer Manipulation geworden ist, nicht auch noch mit einem Benützungsentgelt für die Nutzung dieses manipulierten Fahrzeugs belastet werden darf. Jedenfalls hätte, so die Klägerin, die Berechnung eines allfälligen Benützungsentgelts nach der auch vom deutschen Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung vertretenen und für die betroffenen Autofahrer im Regelfall weitaus günstigeren linearen Berechnungsmethode erfolgen müssen. Auch das beklagte Autohaus hat Berufung erhoben. Die Entscheidung ist daher noch nicht rechtskräftig.
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