EuGH Thermofenster

Dieselskandal EuGH Generalanwalt: Thermofenster im Grunde unzulässig

In einem von LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, geführten Verfahren (C-128/20) hat der Dieselskandal EuGH Generalanwalt eine bahnbrechende Entscheidung getroffen: In seinen Schlussanträgen vom 23. September 2021, die er mit zwei anderen Verfahren verbunden hatte (C-134/20 und C-145/20), stellte er klar, dass Thermofenster grundsätzlich unionsrechtlich unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen.

Laut einem Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur nutzen alle Hersteller, sohin insbesondere auch Audi, Porsche, Mercedes (Daimler), BMW, Ford, Fiat, Opel, Renault und Peugeot, Abschalteinrichtungen. Damit hat die Entscheidung vom Dieselskandal EuGH Generalanwalt eine immense Sprengkraft. LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, erwartet viele neue Klagen im Abgasskandal.

Anlassverfahren von LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz (C-128/20)

Der Entscheidung vom Dieselskandal EuGH Generalanwalt lag ein von LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, geführtes Verfahren vor dem Landesgericht Klagenfurt zugrunde. LEGAL CHAMBERS Kainz hatte für einen Autokäufer, der vom Dieselskandal betroffen ist, gegen einen Händler von VW Kraftfahrzeugen geklagt. Das LG Klagenfurt legte dem EuGH Fragen zur unionsrechtlichen Zulässigkeit des VW Thermofensters vor (C-128/20).

Bei einem Thermofenster handelt es sich um eine Software, durch die abhängig von der Außentemperatur die Höhe der emittierten Schadstoffe verändert wird. Im Anlassverfahren C-128/20 verwendet VW dieses Thermofenster mit einem Temperaturbereich von 15 bis 33 Grad Celsius. Außerhalb dieses Bereichs wird die Abgasrückführung (AGR) reduziert, sodass viel höhere Stickoxidemissionen (NOx-Emissionen) als vom Hersteller angegeben, entstehen. Das brisante: Diese Thermofenster sind auch nach dem angeblich „verbessernden“ Softwareupdate noch in den Fahrzeugen von VW enthalten. 

Dieselskandal EuGH Generalanwalt: Thermofenster grundsätzlich unzulässige Abschalteinrichtung

Jedenfalls Thermofenster bis 0 Grad Celsius sind Abschalteinrichtung

Zunächst hatte der Dieselskandal EuGH Generalanwalt zu klären, ob das VW Thermofenster eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) 715/2007 darstellt.

Dazu bezog sich der EuGH Generalanwalt auf ein bereits am 17. Dezember 2020 ergangenes EuGH Urteil (C-693/18). In diesem Urteil hatte der EuGH bereits Auslegungen zum Begriff und zur (Un-)Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen vorgenommen (LCK hat berichtet). Der EuGH hatte bereits damals auch die Zulässigkeit von Thermofenstern in Frage gestellt. VW und die anderen Hersteller bestreiten dies.

Laut dem Dieselskandal EuGH Generalanwalt liegt eine Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) 715/2007 dann vor, wenn diese die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen verringert, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind.

Um zu bestimmen, wann „normale Betriebsbedingungen“ vorliegen, orientierte sich der Dieselskandal EuGH Generalanwalt zum einen an den Durchschnittstemperaturen in Europa. Insbesondere in den Ländern Österreich und Deutschland, die „geografisch im Herzen der Union liegen„, liege die Umgebungstemperatur während des Jahres überwiegend unter 15 Grad Celsius. Als Anhaltspunkt dafür, was unter dem „tatsächlichen Fahrbetrieb“ zu verstehen sei, zog der EuGH Generalanwalt sodann weiterhin die Definition für „gemäßigte Temperaturbedingungen“ einer unionsrechtlichen Verordnung heran (Nr. 5.2.4 des Anhangs IIIA der Verordnung (EG) 2017/1151). Diese berücksichtigt eine Mindesttemperatur von 0 Grad Celsius.

Vereinfacht gesagt, gelten damit jedenfalls alle Thermofenster, die die AGR im Plusgradbereich reduzieren, als Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) 715/2007. Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) 715/2007 sind gem. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 715/2007 aber grundsätzlich verboten.

NOx-Grenzwerte im echten Fahrbetrieb auf der Straße einzuhalten

In diesem Zusammenhang stellte der Dieselskandal EuGH Generalanwalt weiterhin klar, was offensichtlich ist, die Hersteller aber gebetsmühlenartig bestreiten: Die NOx-Grenzwerte sind natürlich nicht nur im Labor, sondern insbesondere auch im echten Fahrbetrieb auf der Straße einzuhalten. So führte der EuGH Generalanwalt aus:

„Dazu machen (…) Volkswagen (…) geltend, die Einhaltung der Grenzwerte für Schadstoffe sei ausschließlich im Rahmen des NEFZ zu bestimmen, das zu dem für die Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt gegolten habe. Ich teile diese Auffassung nicht. Meines Erachtens ergibt sich (…), dass mit den „normalen Betriebsbedingungen“ nicht die Bedingungen des NEFZ, sondern die Bedingungen des realen Fahrbetriebs gemeint sind“ (Schlussanträge, Rn 91 f)

„Da die NOx-Emissionen unter den Bedingungen des tatsächlichen Fahrbetriebs gemessen werden müssen (…)“ (Schlussanträge, Rn 96)

Damit bestätigt der Dieselskandal EuGH Generalanwalt, dass Fahrzeuge die NOx-Grenzwerte auch im echten Fahrbetrieb einhalten müssen. Daraus folgt, dass Fahrzeuge, die die NOx-Grenzwerte im echten Fahrbetrieb nicht einhalten, mit einem Mangel behaftet sind.

Thermofenster dienen nicht dem Motorschutz

Wie bereits dargestellt, sind Abschalteinrichtungen im Sinne des Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) 715/2007 grundsätzlich unzulässig.

Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 715/2007 erachtet Abschalteinrichtungen nur ausnahmsweise für zulässig. Die wesentlichste Ausnahme ist Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) 715/2007. Danach sind Abschalteinrichtungen ausnahmsweise zulässig, „um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten„. Laut Dieselskandal EuGH Generalanwalt ergebe sich aus dem Wortlaut der einschlägigen unionsrechtlichen Regelungen aber,

„dass das AGR-System nicht Teil des Motors ist.“ (Schlussanträge, Rn 117, Hervorhebung durch den Verfasser)

Außerdem gehöre auch der Partikelfilter als emissionsmindernde Einrichtung nicht zum Motor. Folglich kommt der Dieselskandal EuGH Generalanwalt zu dem Schluss, dass eine Abschalteinrichtung, die vornehmlich der Schonung von Anbauteilen wie AGR-Ventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter dient, wie eben ein Thermofenster, nicht unter die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) 715/2007 vorgesehene Ausnahme vom Verbot solcher Einrichtungen fällt:

„(…) dass eine Abschalteinrichtung, die vornehmlich der Schonung von Anbauteilen wie AGR-Ventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter dient, nicht unter die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 vorgesehene Ausnahme vom Verbot solcher Einrichtungen fällt.“ (Schlussanträge, Rn 121)

Darüber hinaus führt der Dieselskandal EuGH Generalanwalt unter Verweis auf das EuGH Urteil vom 17. Dezember 2020 (C-693/18) aus, dass die Verschmutzung und der Verschleiß des Motors nicht als „Unfall“ oder „Beschädigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) 715/2007 angesehen werden können. Dies, da sie im Prinzip vorhersehbar und der normalen Funktionsweise des Fahrzeugs inhärent sind. Es handle sich, mit anderen Worten, um eine „Verschlechterung aufgrund der normalen Nutzung des Fahrzeugs„.

Damit hat der Dieselskandal EuGH Generalanwalt aber klargestellt, dass Abschalteinrichtungen in der Form von Thermofenstern, die bekanntlich vorrangig dem Schutz der AGR und des Dieselpartikelfilters dienen, nicht ausnahmsweise zulässig, sohin unionsrechtlich unzulässig sind.

EuGH Urteil mit Spannung erwartet

Kunden, die vom Abgasskandal betroffen sind, erwarten nunmehr mit Spannung das Urteil des EuGH. Der EuGH ist an die Schlussanträge des EuGH Generalanwalts nicht gebunden, folgt diesen aber in der Regel.

Weitere Klagen im Dieselskandal

Den Argumenten der Hersteller, dass Thermofenster zulässig seien, insbesondere weil sie dem Motorschutz dienen, ist damit die Grundlage entzogen. LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, rechnet daher mit weiteren Klagen im Dieselskandal. LCK berät und betreut Sie gerne in diesem Zusammenhang. Wir führen zahlreiche Prozesse gegen Hersteller wie VW, Audi und Mercedes (Daimler) und bringen Ihre Klagen im Dieselskandal ein, um Ihre Ansprüche im Dieselskandal geltend zu machen.

Kontakt zu LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz

LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, ist eine der Vorreiterkanzleien im Dieselskandal. Wir führen zahlreiche Prozesse im Dieselskandal für Autokäufer, die vom Abgasskandal betroffen sind, gegen diverse Hersteller, u. a. gegen VW, Audi, Porsche und Mercedes (Daimler), vor zahlreichen Gerichten in Österreich und auch in Deutschland.

Für Rückfragen stehen Ihnen Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, LL.M. und das LCK-Team jederzeit gerne zur Verfügung.

Eine Auswahl an von uns erstrittenen Urteilen finden Sie hierin unten.

Die Schlussanträge vom Dieselskandal EuGH Generalanwalt finden Sie hier.

Kontakt:
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LCK Seiten zum Abgasskandal:
Allgemeine Informationen zu Dieselgate / Abgasskandal
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