1. Marktsituation
Das Leasing von Neufahrzeugen erfreut sich in Österreich nach wie vor großer Beliebtheit. Im Jahr 2014 wurden 116.950 von 338.987 neuzugelassenen Kraftfahrzeugen mittels Leasing finanziert, was einem Anteil von 34,5% entspricht. Die Kfz-Leasingbranche verzeichnete damit einen Anstieg von 4,3% im Vergleich zum Vorjahr 2013.1)
2. Rechtliche Qualifikation des Leasing
Das Konstrukt des Leasing ist in den USA erfunden worden und in den österreichischen Gesetzen nicht eigens geregelt. Während das Leasing in allen denkbaren Ausgestaltungen vorkommt, haben sich beim Kfz-Leasing mit dem Finanzierungs- und dem Operating-Leasing zwei Grundtypen herauskristallisiert. Auch neben diesen bestehen jedoch noch andere Formen.2) Der Operating-Leasing-Vertrag ist durch eine kurzfristige Gebrauchsüberlassung gekennzeichnet, oder aber durch eine Überlassung auf unbestimmte Zeit mit einem jederzeitigen, kurzfristigen Kündigungsrecht des Leasingnehmers („LN“). Er wird durchgehend als reiner Mietvertrag qualifiziert.3) Beim Finanzierungs-Leasing handelt es sich um eine echte Finanzierungsform des Kfz-Kaufs: Der Vertrag wird auf eine bestimmte, mehrjährige „Grundmietzeit“ geschlossen, während derer das Kündigungsrecht des LN ausgeschlossen ist. Der LN erhält jedoch oftmals eine Kaufoption. Die anfänglichen Aufwendungen des Leasinggebers („LG“) werden aufgrund der bemessenen Laufzeit voll amortisiert und der LG erhält zusätzlich noch eine Verzinsung. Die rechtliche Qualifikation des Finanzierungs-Leasings ist umstritten. Überwiegend wird eine Gebrauchsüberlassung sui generis angenommen, die sowohl Elemente des Miet- wie auch des Kaufvertrages enthält.4)
3. Leasing in der Praxis
In der Praxis sieht das Kfz-Leasing zumeist derart aus, dass der LN zunächst mit seinem Händler einen Kaufvertrag über ein vom LN selbst ausgesuchtes Fahrzeug abschließt. Auf dem Kaufvertrag wird das beabsichtigte Leasing entsprechend vermerkt. Der LG – meist ein ständiger Geschäftspartner des Händlers – tritt sodann in den zwischen LN und Händler geschlossenen Kaufvertrag ein (sog. „Einsteigemodell“ oder „Bestelleintritt“), was rechtlich gesehen eine Vertragsübernahme darstellt. Der LG übernimmt damit die Rechte und Pflichten aus dem zunächst zwischen Händler und LN geschlossenen Kaufvertrag, ist also zum Erhalt des (Eigentums am) Fahrzeug(es) berechtigt, im Gegenzug aber zur Kaufpreiszahlung an den Händler verpflichtet. In der Praxis liefert der Händler das Fahrzeug sodann jedoch zumeist direkt an den LN, was rechtlich gesehen eine Anweisung durch den LG darstellt. Neben dem Kaufvertrag schließt der LN sodann5) mit dem LG einen Leasingvertrag ab, was in der Praxis zumeist in der Form erfolgt, dass der LN ein standardisiertes Antragsformular unterfertigt, das sodann vom LG nach verschiedenen Prüfungen (v.a. Bonitätsprüfung des LN) angenommen wird.
4. Rechtliche Besonderheiten des Leasing
Aus diesem Dreiecksverhältnis Händler – LN – LG ergeben sich rechtlich gesehen einige Besonderheiten, die sich im österreichischen und im deutschen Recht sehr ähnlich sind:
a) Gewährleistung
Da der LN infolge der Vertragsübernahme durch den LG nicht mehr Vertragspartei des mit dem Händler geschlossenen Kaufvertrages ist, stehen dem LN gegen den Händler grundsätzlich auch keine vertraglichen Ansprüche – wie insbesondere solche auf Gewährleistung – zu. Der LN müsste sich sohin an den LG wenden und könnte nur Ansprüche aus dem Leasingvertrag geltend machen. Um diese Schlechterstellung des LN zu vermeiden, sehen die Leasingverträge (bzw. die zugrundeliegenden AGB) idR eine sog. „Abtretungskonstruktion“ vor, wonach der LG gegen Ausschluss seiner Gewährleistungspflichten gegenüber dem LN seine gegen den Händler (aus dem Kaufvertrag) zustehenden Gewährleistungsansprüche an den LN abtritt. Damit erhält der LN in Wahrheit seine ihm ursprünglich aus dem mit dem Händler geschlossenen Kaufvertrag zustehenden (und vom LG sodann übernommenen) Gewährleistungsansprüche zurück. AGB, die derartige „Abtretungskonstruktionen“ enthalten, werden grundsätzlich als zulässig erachtet, solange der LN dadurch nicht in eine schlechtere Rechtsposition gelangt.
b) Irrtumsanfechtung
Da der LN nicht mehr Partei des Kaufvertrages ist, kann er diesen auch nicht wegen Irrtums anfechten. Dies wäre auch nicht angebracht, zumal der LN ja keinen Kaufpreis bezahlt hat (dies hat der LG), den er in Folge einer erfolgreichen Aufhebung des Kaufvertrages aber zurückerlangen würde. Der LN wäre dann insofern unberechtigt bereichert. Der LN kann jedoch den mit dem LG geschlossenen Leasingvertrag anfechten. Dabei muss sich der LG auch solche Irrtümer zurechnen lassen, die vom Händler im Zuge des Verkaufsgespräches veranlasst worden sind, da der Händler beim Vertragsabschluss als Gehilfe des LG fungiert. Fällt der Leasingvertrag nachträglich weg, so kann der LN vom LG die bezahlten Leasingraten samt Zinsen zurückfordern. Dem LG steht es seinerseits jederzeit frei, den Kaufvertrag mit dem Händler anzufechten. Eine erfolgreiche Anfechtung des Kaufvertrages beseitigt sodann auch den Leasingvertrag.
c) Schadenersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Aufklärungspflichten (culpa in contrahendo)
Verletzt der Händler im Zuge des Verkaufsgespräches Schutz- und Aufklärungspflichten, so kann er deswegen schadenersatzpflichtig werden. Der LN kann entweder gegen den LG vorgehen, der sich infolge der Bedienung des Händlers als Gehilfen, die Pflichtverletzung des Händlers gem. § 1313a ABGB zurechnen lassen muss. Der LN kann sich jedoch auch die dem LG gegen den Händler zustehenden Schadenersatzansprüche abtreten lassen. Zu einer derartigen Abtretung ist der LG aufgrund seiner Pflicht zur Herausgabe des sog. „stellvertretenden Commodums“ verpflichtet.
d) Kaufoption
Hat der LN eine im Leasingvertrag vorgesehene Kaufoption ausgeübt und das – sodann gebrauchte Fahrzeug – erworben, gilt es zu beachten, dass dieser Kauf eine separate und eigenständige Vereinbarung darstellt, woraus der LN eigene und neue (Gewährleistungs-, Irrtumsanfechtungs-, und Schadenersatz-)Ansprüche gegen den LG ableiten kann. Dies kann insbesondere auch im Hinblick auf das Verjährungsthema relevant sein.
Beim Leasing kann es sohin zahlreiche Fallstricke geben, sodass es Sinn macht, vor Unterfertigung eines Leasingvertrages die Beratung eines Rechtsanwaltes einzuholen.
1) Quelle: VÖL, Der österreichische Leasingmarkt 2014, abgerufen am 4.5.2016.
2) So z.B. das „Sale and Lease back-Leasing“, bei dem der LN das Leasingobjekt kauft, an den LG verkauft und von diesem sodann sogleich zurückleast.
3) Schuhmacher, Kfz-Leasing und KonsumentenschutzG, ZVR 1979, 289 mwN in FN 11.
4) OGH 3 Ob 232/08a, 25.3.2009; Schuhmacher, Kfz-Leasing und KonsumentenschutzG, ZVR 1979, 289.
5) Anm.: meist zeitgleich und durch den Händler als Erfüllungsgehilfen des LG.
Kontakt: Dr. Thomas Kainz, LL.M. (London), Rechtsanwalt
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