Kauf eines Audi Q3 im Jahr 2012: LCK begehrt Rückzahlung vom Kaufpreis
LEGAL CHAMBERS Kainz, Rechtsanwalt Dr. Thomas Kainz, LL.M., war in einem weiteren Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) erfolgreich. Mit Urteil vom 21. Juni 2023 zu 3 Ob 30/23t gab der OGH der Revision der beklagten Fahrzeughändlerin nicht, der Revision von LEGAL CHAMBERS Kainz hingegen teilweise Folge. Hintergrund der Klage war der Kauf eines Audi Q3, 2.0 l TDI Sport quattro im Jahr 2012. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 der Abgasklasse Euro 5 ausgestattet. Der Kläger ließ am 24. Jänner 2017 das von der Herstellerin angebotene Softwareupdate aufspielen. Damit wurde die im Fahrzeug zunächst vorhandene „Umschaltlogik“ mit unterschiedlichen Modi beseitigt. Die Abgasrückführung ist seither (nur) in einem Temperaturbereich von 15 bis 33 Grad Celsius voll aktiv („Thermofenster“). LCK begehrte für den Kläger insbesondere die Wandlung des Kaufvertrages über den Audi Q3 und die Rückzahlung vom Kaufpreis samt Zinsen.
HG Wien wies Klage in erster Instanz noch ab
Das Handelsgericht Wien (HG Wien) hatte in erster Instanz das gesamte Klagebegehren noch abgewiesen. Nach Ansicht des HG Wien war die Frage, ob die Umschaltlogik als unzulässige Abschalteinrichtung anzusehen ist, seit dem Softwareupdate nicht mehr relevant, weil festgestellt werden konnte, dass mit dem Aufspielen des Softwareupdates die Umschaltlogik beseitigt wurde und die Beseitigung eines allenfalls zuvor vorgelegenen Mangels stattgefunden habe. Das Thermofenster stelle – so das HG Wien – keine unzulässige Abschalteinrichtung dar, weil Thermofenster und Reduzierungen der Abgasrückführung bei niedrigen und hohen Temperaturen als „branchenüblich“ anzusehen seien und dieses erforderlich sei, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeuges sicherzustellen.
Erfolgreiche Berufung von LCK – OLG Wien bestätigt Rückzahlung vom Kaufpreis
Gegen dieses Urteil erhob LEGAL CHAMBERS Kainz für den Kläger Berufung an das OLG Wien. Mit Erfolg. Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des HG Wien dahingehend ab, dass es den gegenständlichen Kaufvertrag über den Audi Q3 aufhob und die Beklagte zur Rückzahlung vom Kaufpeis samt Zinsen verpflichtete. Dies Zug um Zug gegen Fahrzeugrückgabe und unter Berücksichtigung eines Benützungsentgelts. Das Berufungsgericht erachtete die Berechnung des angemessenen Benützungsentgelts allerdings nach den Grundsätzen der Händlereinkaufspreismethode sachgerechter als die lineare Berechnungsmethode und zog dem Kläger entsprechend ein Benützungsentgelt in Höhe von EUR 29.000,00 ab.
Urteil des OGH vom 21.6.2023 zu 3 Ob 30/23t
Kläger erhebt ordentliche Revision an den OGH
Der Kläger erachtete den Abzug eines Benützungsentgelts jedenfalls in dieser Höhe als zu hoch. Entsprechend erhob LEGAL CHAMBERS Kainz für den Kläger ordentliche Revision an den OGH. LCK argumentierte, dass im konkreten Anlassfall ein allfälliges Benützungsentgelt nach der linearen Berechnungsmethode abgezogen werden hätte müssen.
OGH bestätigt Rückzahlung vom Kaufpreis über Audi Q3 – Benützungsentgelt nach der linearen Berechnungsmethode
Dieser Ansicht folgte der OGH: Er errechnete das Benützungsentgelt anhand der linearen Berechnungsmethode, sodass dem Kläger die Rückzahlung vom Kaufpreis über den Audi Q3 unter Anrechnung eines Benützungsentgelts von nur mehr EUR 9.539,20 zugesprochen wurde. Dazu sprach der OGH dem Kläger die begehrten Zinsen in Höhe von 4 % aus dem bezahlten Kaufpreis ab dem Zahlungszeitpunkt zu. Da der Kaufvertrag über den Audi Q3 bereits im Jahr 2012 geschlossen wurde, beliefen sich die zur Rückzahlung vom Kaufpreis zugesprochenen Zinsen auf rund EUR 12.500. Damit überstiegen sie im Anlassfall das zu leistende Benützungsentgelt.
OGH: Thermofenster bei EA189 ist unzulässige Abschalteinrichtung
Der von der Beklagten erhobenen Revision gab der OGH nicht Folge. Der OGH folgte der von LCK vertretenen Rechtsansicht, dass der Mangel in Form der unzulässigen Abschalteinrichtung auch durch das Softwareupdate nicht behoben worden, da mit dem Thermofenster, aufgrund dessen die Abgasrückführung nur bei Außentemperaturen zwischen 15 und 33 Grad Celsius und damit im deutschsprachigen Raum nur in vier oder fünf Monaten im Jahr voll aktiv ist, nach wie vor eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege. Der OGH erachtete das Wandlungsbegehren des Klägers daher als berechtigt.
Das Urteil des OGH ist rechtskräftig.
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Links:
OGH, 3 Ob 30/23t vom 21.6.2023
OGH, 3 Ob 142/22m vom 25.5.2023
EuGH, Urteil vom 14.7.2022, C-145/20
OGH, Urteil vom 21.2.2023, 10 Ob 2/23a im RIS
OGH, Urteil vom 25.4.2023, 10 Ob 2/23a im RIS
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LCK Seiten zum Abgasskandal:
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